Die Ponys sind nun mittlerweile seit 6 Wochen im neuen Zuhause. Auch wenn noch nicht alles perfekt ist und die ein oder andere Sache noch fertiggestellt werden muss, haben unsere Ladys mittlerweile ein schönes Zuhause und einen routinierten Stallalltag. Uns geht es ebenso: die neuen Abläufe sind verinnerlicht. Eine Sache bereitet uns aber Kopfzerbrechen: Welche Einstreu soll es sein?
INFO
Es freut uns wirklich sehr, dass sich bereits im Vorfeld der konkreten Maßnahmen so viele Menschen für unser Stallprojekt interessieren. Aber bitte seht davon ab, uns nach Einsteller-Plätzen zu fragen. In unserem Stall werden ausschließlich unsere eigenen Therapieponys wohnen. Wir werden keine Einsteller aufnehmen. Danke für Euer Verständnis!
Die Ausgangssituation
Im alten Stall haben wir ganz zu Anfang mit Stroh eingestreut. Stroh gehört zweifelsohne noch immer zu den beliebtesten Einstreu-Varianten. Das mag zum einen daran liegen, dass Stroh im Vergleich eine günstige Einstreu ist, Stallbesitzer Stroh oft selbst herstellen und es einfach zu entsorgen ist. Wir haben uns trotzdem nach ein paar Wochen gegen Stroh entschieden: Stroh hat extrem schlechte Saugeigenschaften. Obwohl wir penibel auf Reinlichkeit achten, hatte ich gerade bei Wetterumschwüngen das Gefühl, dass es im Stall ziemlich übel riecht. Außerdem wird Stroh von den Pferden gefressen. Hier scheiden sich sicherlich die Geister, ob Stroh ein geeignetes oder ungeeignetes Futtermittel ist. Für uns steht fest: Wir möchten kein Stroh füttern. Stroh ist oftmals sehr staubig und weist eine hohe Herbizidbelastung und bzw. oder Schimmelbelastung auf. Und ich kenne mehr als ein Pferd, dass auf Grund von Strohverzehr mit einer Verstopfungskolik in die Klinik musste - nicht umsonst gibt es den Begriff "Strohkolik".
Wir haben also schnell auf Sägespäne umgestellt. Die Späne wurden direkt von der Sägerei bezogen, d.h. sie waren nicht entstaubt und zum Teil auch nicht 100 % staubtrocken. Da unsere Pferde auch damals im Offenstall gelebt haben, haben wir ein Staubproblem nie wahrgenommen. Ich fand die Saugleistung der Späne trotz einer gewissen Grundfeuchtigkeit nicht spitzenmäßig, aber ganz gut: seit der Späneeinstreu hatte ich kein Geruchsproblem mehr. Das Mistvolumen hatte sich im Gegensatz zum Strohmist ebenfalls deutlich verringert. Nun ist es aber leider so, dass wir in little Bullerbü nicht mit Holzspäne einstreuen können: Wir dürfen den Spänemist nicht beim Bauern entsorgen.
Da Stroh aus genannten Gründen für uns keine Alternative ist, musste eine neue Einstreu her. Und diese Suche war nicht nur mühsam und teuer, sondern auch lebensgefährlich.
Die Hersteller machen es sich ganz schön leicht
Der Markt an Einstreu ist groß: Moderne Techniken sorgen dafür, dass verschiedenste Materialen entstaubt, entkeimt und sogar gepresst werden können. Im Netz finden sich viele Berichte und Blog-Beiträge über die neuen Super-Einstreu-Optionen. Dieser Beitrag soll aber ein wenig anders werden. Zum einen berichte ich Euch aus der profanen Abäppel-Praxis: die vorgestellten Produkte waren bei uns tatsächlich im Einsatz. Zum anderen geht es hier auch um ein Problem, dass gerne verschwiegen wird: Will man eben kein Holz - in welcher Form auch immer - verwenden, sind (fast) alle anderen Einstreuvarianten aus Rohstoffen, die Pferde grundsätzlich fressen.
Wir kennen unsere Pappenheimer. Ich weiß ja nicht, wie Dein Pony so drauf ist. Aber unsere fünf Damen - drei Shettys, ein Lewitzer und ein Warmblut - sind allesamt vom Modell "Staubsauger - ich finde und fresse JEDEN Krümel". Von Anfang an war die Sorge da, die Pony-Pös könnten die Einstreu fressen.
INFO
Ein Pony zu halten ist oft gar nicht so einfach. In unserem Blog-Beitrag "Ich kaufe mir ein Shetty als Beisteller?! Besser nicht." habe ich beschrieben, welche Probleme es mit (Klein-)Ponys geben kann.
Gerade die Kleinsten unter den Pferden stellen ganz besondere Anforderungen an Ihre Haltung.
Damit die kleinen Knutschkugeln nicht krank werden, müssen einige Dinge unbedingt berücksichtigt werden. Tipps und Tricks zur Ponyhaltung findest Du in unserem Buch *"Ponys ganz groß - Originelle Beschäftigungsideen für kleine Pferde".
Deshalb haben wir uns nach Erfahrungswerten erkundigt. Vom Hersteller bzw. Verkäufer der Einstreu hört man eigentlich immer diesen Spruch:
"Nein, die Pferde fressen unsere Einstreu NATÜRLICH nicht. Und wenn Sie es fressen, dann können Sie davon ausgehen, dass Ihr Pferd irgendeinen Mangel hat. Denn sonst würde es unsere tolle Einstreu nicht fressen".
Eines nehme ich schon einmal vorweg: wir haben fünf Ladys, deren Gesundheitszustand regelmäßig kontrolliert wird. Keine tiermedizinische Untersuchung hat je einen Mangel nachweisen können.
Versteh mich nicht falsch - die Einstreu-Hersteller bzw. Verkäufer können natürlich nichts dafür, wenn unsere Pferde die Einstreu lieber fressen, als sie bestimmungsgemäß zu gebrauchen. Dem Kunden aber nachdrücklich weismachen zu wollen, dass Pferde nur dann Einstreu fressen, wenn "ihnen irgend etwas fehlt", entspricht schlicht und ergreifend nicht der Wahrheit. Ein ehrlicher Hinweis wie "bitte beobachten Sie Ihr Pferd in der ersten Zeit, denn natürlich kann es vorkommen, dass unsere Einstreu gefressen wird" wäre mir weitaus lieber.
So, nun aber zum Einstreu-Test. Here we go!
Dinkelpellets - inno4pellets
Die ersten Einstreuversuche starteten wir noch im alten Stall. Da die beiden Shetty-Damen Rony-Pony und Blümi über Nacht separiert wurden, haben wir das Pony-Abteil zum Feldversuch genutzt. Unser erster Kandidat: inno4pellets. Die Dinkelpellets bestehen aus gepresstem Dinkelstroh und sehen aus wie Heucobs - nur ein bisschen heller. Die Säcke schlagen mit ca. 8,60 € pro 20 kg zu Buche, sind bequem zu lagern; eingestreut ist im Nu.
Die Pellets weichen mit Wasserkontakt sofort auf und ergeben ein schönes, fluffiges Pferdebettchen. Trotzdem haben unsere Ponys nicht einmal eine Nacht auf dem Dinkelbett vebracht. Schnell war klar: Die Ponys fressen das Zeug - nicht nur ein bisschen, sondern mutieren zu regelrechten Fressmaschinen. Wir haben sogar einige Ladungen Essigwasser über die Einstreu gekippt - in der naiven Hoffnung, der Geruch würde die Ponys vom Verzehr abhalten. Aber sogar Essig konnte weder Rony-Pony noch Blümi abhalten. Ergo: Einstreu sofort wieder raus.
Die nicht verbrauchten Säcke lagerten noch einige Wochen neben dem Putzplatz. Egal welches Pferd geputzt wurde - man musste immer höllisch aufpassen, dass die Ponakel nicht zu den Säcken stürmen, um sie aufzubeißen und die Pellets zu mampfen. Zu den Einstreuqualitäten kann ich mangels Erfahrungswerten also gar nichts sagen. Nur so viel: Die Teile müssen verdammt lecker schmecken!
Wer nun denkt: "So ein bisschen Dinkelstroh ist doch nicht schlimm!", der irrt gewaltig. Gerade Pelleteinstreu ist extrem saugstark - sie tut eben das, wofür sie produziert wird: sie nimmt Wasser super schnell auf und bindet es. Das tut die Einstreu aber nicht nur im Pferdestall, sondern auch im Verdauungstrakt des Pferdes. Verstopfungskoliken sind damit vorprogrammiert, denn der Speisebrei verklumpt.
Verbessertes Stroh - Hippo Gold
Nach dem Dinkelpellet-Fiasko war klar: Auf Pellets wollen wir verzichten. Der nächste Kandidat war Hippo Gold. Hippo Gold besteht aus sehr klein gehäckseltem, entstaubten und entkeimten Stroh. Der erste Versuch - damals noch im Ponyabteil im alten Stall - verlief zu unserer vollsten Zufriedenheit! Die Einstreu ist wie versprochen und im Gegensatz zu unbehandeltem Stroh super sparsam und saugstark. Hippo Gold ergibt einen weichen Untergrund und bindet Gerüche bestens.
Rony-Pony und Blümi machten keinerlei Anstalten, die nicht ganz günstige Einstreu (ca. 11 € pro 20-kg-Sack) zu fressen. Wir waren glücklich und zufrieden: eine tolle Einstreu!
Dann kam der Umzug in den neuen Stall. Da die Ponys dort viel mehr Platz haben - sowohl was den Auslauf als auch die überdachte Fläche betrifft - müssen Rony-Pony und Blümi nicht mehr separiert werden. Es gibt nun so viel Platz, dass alle in Ruhe fressen und schlafen können. Und so haben wir munter unsere Schwedenhäuschen mit Hippo Gold eingestreut. Die Freude über diese (an sich wirklich gute) Einstreu verflog aber so schnell wie sie gekommen war. Vor allem Stella und Piper fingen an, die Einstreu zu fressen. Und auch hier war es wiederum so: die beiden knabberten nicht nur ein bisschen, sondern haben über Nacht ein Drittel der Einstreu verputzt. Und ganz schnell fingen dann auch die anderen drei Ponys an, munter Hippo Gold in sich zu stopfen.
Abgesehen davon, dass Hippo Gold dann doch ein sehr teueres FUTTER-Stroh ist, besteht natürlich auf Grund der hohen Saugkraft auch hier die große Gefahr einer Kolik. Damit: Alles zurück auf Anfang. Die Einstreu wurde komplett entfernt.
Flachseinstreu - Ecoflax und Euro-Lin
Im alten Stall hatten wir nicht nur Dinkelpellets und Hippo Gold bei den beiden Ponys getestet, sondern auch Ecoflax. Ecoflax besteht genau so wie Eurolin aus entstaubten, entkeimten und klein gehäckseltem Flachs (Leinstroh). Ich konnte in Qualität und Aussehen keinen Unterscheid zwischen den Herstellern festmachen. Auch preislich liegen beide Produkte mit ca. 9 € für einen 20 kg Sack gleich.
Im alten Stall waren wir wiederum begeistert. Von den Saugeigenschaften, der Geruchsbindung, der Sparsamkeit, dem geringen Mistvolumen und dem "Fluffy-Gefühl" war die Flachseinstreuh definitiv unser Favorit. Außerdem wurde es von Rony-Pony und Blümi essenstechnisch verschmäht. Was will man mehr!
Dass wir im neuen Stall zuerst mit Hippo Gold begonnen hatten, lag schlicht und ergreifend daran, dass wir noch einige Säcke über hatten. Der Plan war aber ohnehin auf Ecoflax oder Euro-Lin umzustellen. Nachdem die Ponys das Hippo Gold in großen Mengen verdrückt hatten, passierte dieser Umstieg einfach vorzeitig. Wir waren aber sehr froh, dass wir schon eine Alternative zu Hippo Gold gefunden hatten und uns nicht mehr große Gedanken um Alternativen machen mussten. Schließlich WAR die Flachseinstreu wirklich prima. Also haben wir großzügig mit Euro-Lin eingestreut.
Der erste Tag verlief prima. Vorgewarnt von den letzten Erfahrungen beobachteten wir die Herde mit Argusaugen: Keines der Pferde machte Anstalten, die Einstreu zu fressen. Wieso auch? Flachs gehört ja nun nicht auf dem Pony-Leibspeiseplan. Und dann kam der nächste Tag - den man so keinem wünscht.
Es waren nicht die verfressenen Shettys, die sich am Euro-Lin verlustiert haben. Es war Stella. Sie hatte wohl nicht viel von der Einstreu gefressen, zumindest nicht so viel, dass es sofort - wie bei Hippo Gold - aufgefallen wäre. Aber es war so viel, dass Stella eine derart schlimme Verstopfungskolik bekommen hat, dass sie nur mit sehr viel Glück überlebt hat. Hätte meine Mutter, die gute Seele des Stalls, nicht sofort erkannt, dass etwas nicht stimmt und den Tierarzt gerufen, würde dieser Beitrag anders enden. Wäre sie an diesem Tag später in den Stall gekommen, wäre Stella sicherlich schon tot gewesen. Der Tierarzt konnte sie mit Glaubersalz und Paraffinöl wieder fit machen. Es war knapp. Zu allem Übel hat Piper am darauf folgenden Tag in den Glaubersalz-Paraffinöl-Äpfeln von Stella gewühlt und etwas davon gefressen - mit dem Endresultat "Schlundverstopfung". Zum Glück ist auch Piper wieder wohlauf.
Miscanthus - die Lösung?
Miscanthus-Pellets (Elefantengras) werden oft als DIE Super-Einstreu beschrieben. Christina von Herzenspferd hat einen Blog-Beitrag über Miscanthus-Pellets verfasst, in dem sie die Einstreu ganz genau beschreibt. Nach den Erfahrungen mit den Dinkel-Pellets war für uns jedoch ganz klar, dass wir auf keinen Fall nochmal Pellet-Einstreu verwenden werden. Ich habe das Gefühl, dass die Pellet-Form die Pferde einfach zu stark an Futter erinnert - schon rein optisch. Unsere Ponys bekommen nämlich Mineralfutter in Pellet-Form und sind ebenso Luzerne- und Heucobs gewohnt, die wiederum stark an Pellets erinnern. Und ein großer Happen Pellets kann schon genügen, um eine Verstopfungskolik auszulösen. Uns kommt daher keine Pellet-Einstreu mehr in den Stall.
War´s das also mit dem Miscanthus? Nein! Denn Miscanthus wird nicht nur in gepresster Pelletform, sondern auch gehäckselt angeboten. Zugegeben - will man gehäckseltes Miscanthus bestellen, tut man sich ganz schön schwer. Meistens bekommt man es zum Versand nämlich nur in Pelletform oder muss gleich riesige Mengen bzw. Big Packs abnehmen.
Nachdem wir mit der anderen Einstreu solches Pech hatten, war uns Fortuna wenigstens diesmal hold. Nur 15 km entfernt baut ein Landwirt Miscanthus an und verkauft es gehäckselt in praktischen 20kg-Säcken. Die Kosten sind mehr als überschaubar: Mit 3,50 € pro Sack ist die Einstreu sehr günstig.
Für Pellets hingegen muss man tiefer in die Tasche greifen: 20 kg bekommt man ab ca. 12 €. Der Preisunterschied liegt in der Verarbeitung begründet: Die Pellets sind entstaubt und entkeimt. Unsere Häcksel sind keines von beidem, sondern schnödes, getrocknetes Elefantengras, das klein geschreddert wurde.
Die Häcksel sind nun schon einige Tage im Einsatz. Lilly-Lou hat einen Versuch gestartet und ein klitzekleinwenig davon gefressen. Wegen der enthaltenen Bitterstoffe müssen die Häcksel aber ziemlich widerlich schmecken. Schnaubend hat sie sofort wieder davon abgelassen. Seither hat keines der Pferde am Miscanthus genascht. Ich will nicht zu euphorisch sein und hoffe, dass dieser Zustand so bleibt.
Die Saugeigenschaften sind prima, die Geruchsbindung empfinde ich als optimal. Die Streu lässt sich zudem bestens abmisten: nasse Stellen können ganz einfach abgetragen werden, die Äpfel kann man easy auf der Gabel abschütteln, sodass saubere Einstreu nicht in den Mist wandern muss. Damit sind die Elefantengrashäcksel sehr sparsam in der Verwendung und erzeugen ein geringes Mistvolumen. Dass die Häcksel nicht entstaubt sind, stört weder uns noch die Pferde. Allerdings leben unsere Ladys im Offenstall - wie sich das nichtentstaubte Material in Boxenställen oder bei Allergikern verhält, kann ich nicht beurteilen. Bei uns ist jedenfalls nichts vom Staub zu merken. Bisher sind wir also rundum zufrieden.
Drum prüfe, welche Einstreu Du verwendest!
Wir haben also eine Lösung gefunden, die hoffentlich noch lange funktionieren wird. Der Weg bis dahin war nicht nur nervenaufreibend, sondern für Stella sogar lebensgefährlich. Die Einstreu, die von unseren Pferden gefressen wurde, kann sicherlich bei anderen Pferden gut funktionieren - rein von den Einstreuqualitäten gab es daran nichts auszusetzen.
Dennoch ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass Pferde Einstreu fressen. Und das wird einem kein Einstreuverkäufer bzw. Hersteller dieser Welt in dieser Deutlichkeit sagen:
Der Tierarzt hat übrigens bestätigt, was für mich schon länger Gewissheit war: Es gibt einfach Pferde, die ALLES fressen. Diese Pferde müssen überhaupt keinen irgendwie gearteten Mangel haben. Es gibt eben wählerische Exemplare und solche, die alles futtern, was sie finden können. Das Fressen von Einstreu muss also NICHT mit einem Ernährungsmangel einhergehen. Es wäre schön, wenn die Einstreuhersteller diese Tatsache nicht verschweigen würden. Oder zumindest nicht so tun würden, als wären alle einstreufressenden Pferde mangelernährte Krankheitskandidaten. Denn ich kenne nicht nur unsere Pferde, die zu viel Einstreu gefressen haben und anschließend beim Tierarzt oder in der Tierklinik gelandet sind.
Halte also die Augen offen, was Dein Pferd mit seiner Einstreu treibt. Nur so kannst Du gefährliche Überraschungen und teure Tierarzteinsätze vermeiden.
In diesem Sinne
Be shettylicious! Ruth vom Team Shetty-Sport.